Die große Erwartung der Eltern des Ausgangs der gestrigen Ministerratssitzung mit anschließender Landespresskonferenz wurde enttäuscht. Nach guten Gesprächen vergangene Woche mit obersten Vertretern der Politik des Saarlandes waren wir zuversichtlich, dass sich die außerordentliche Belastung für Kitakinder und deren Eltern dem Ende zuneigen und auch wir Erziehungsberechtigten endlich wieder ein stückweit aufatmen können.
Eine zerplatzte Hoffnung wie wir seit gestern wissen.
„Saarländische Landesregierung ermöglicht weitreichende Lockerungen durch 3G-Regelung“ heißt es auf der Webseite des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.
Zu lesen ist: „Aufgrund des aktuell rückläufigen Infektionsgeschehens sowie der kontinuierlich sinkenden Belegungs- und Hospitalisierungsraten in saarländischen Krankenhäusern, passt die saarländische Landesregierung die notwendigen Corona-Maßnahmen an. So werden Lockerungen in zahlreichen Bereichen des öffentlichen Lebens möglich. Die Neuerungen treten am kommenden Freitag, 01. Oktober, in Kraft.“
Nicht gelten werden die Lockerungen ab 1. Oktober für unsere Kinder in den Kitas. Ganz im Gegenteil. Die Empfehlung der Gruppentrennung seitens Landesjugendamtes und Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familien wird beibehalten, die Träger werden vielfach – auch aufgrund des seit Jahren bekannten Personalmangels – am Model der wegfallenden Randzeitenbetreuung festhalten und die Erziehungsberechtigten – und an dieser Stelle seien dabei die insbesondere berufstätigen Eltern erwähnt – werden auch weiterhin mit bis zu zweieinhalb Stunden weniger Betreuung pro Tag auskommen müssen, natürlich bei voller Beitragszahlung.
Begründet wird diese Entscheidung mit dem fehlenden Testkonzept in Kitas, das nun aber – bis dahin ausreichend Personal und eine flächendeckende Testversorgung vorausgesetzt – voraussichtlich zum 1. November eingeführt werden soll. Für Erziehungsberechtigte ergeben sich daraus also mindestens weitere fünf Wochen, in denen ihre Kinder nicht so betreut werden, wie es in den Betreuungsverträgen festgehalten ist und in denen sie mit Freunden, Familien und Arbeitgebern verhandeln oder gar kündigen müssen, weil es nach 19 Monaten Pandemiegeschehen schlicht vielerorts nicht mehr möglich ist, unbezahlt freigestellt zu werden oder die Arbeit unerledigt zu lassen. Daneben ist es auch für viele Kinder nicht mehr hinnehmbar, auf Bildungsangebote verzichten zu müssen, die einen gruppenübergreifenden Kitabetrieb voraussetzen (Kooperationsjahr vor der Einschulung sei hier nur beispielhaft erwähnt).
Die Kita-Teststrategie sieht nach unserem derzeitigen Kenntnisstand vor, dass zusätzliches geschultes Personal eingestellt werden soll, das die Kinder zwischen 3 und 6 Jahren in den Kitas vor Ort mit sogenannten Antigen Lollitests abstreicht.
Eine Strategie, die wir seitens des LEA angesichts der Personalnot in den meisten Einrichtungen nicht nachvollziehen können, setzt sie doch den Einsatz von noch weiterem zusätzlichen Personal voraus, das zu finden selbst einige Kita-Träger kritisch sehen. Zudem ist sie mit einem sehr hohen organisatorischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden und setzt voraus, dass sich die Kinder von ihnen unbekannten Dritten abstreichen und im Falle eines positiven Testergebnisses von der Gruppe absondern lassen. Gerade bei letzterem Punkt haben wir sehr große Bedenken, dass die Kinder durch ein positives Testergebnis in der Kita stigmatisiert werden: in einer Zeit, in der Kitas (zum Bedauern vieler Eltern) nicht mal mehr Fotos aus ihrer Gruppenarbeit in allgemein zugänglichen Bereichen unter Hinweis auf den Datenschutz aushängen dürfen, sollen folglich betroffene Kleinkinder „vor aller Augen“ im Anschluss an die Testung „abgesondert“ werden? Bis man die Eltern erreicht und diese die Kinder dann abholen kommen? Ein in der Praxis schwerlich vorzustellendes Szenario!
Der LEA der Kitas im Saarland hatte im Vorfeld zu einer anderen Teststrategie geraten, bei der ähnlich dem Model von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die Kinder auf freiwilliger Basis zu Hause von den Eltern 2-mal pro Woche mittels zu Verfügung gestellter Testkits abgestrichen werden.
Der Vorteil liegt auf der Hand: es müssen lediglich Tests besorgt und ausgegeben werden, es bedarf keines zusätzlichen aus Steuergeldern finanzierten – nicht in ausreichender Anzahl vorhandenen – Personals, die Kinder werden im vertrauten Umfeld von Bezugspersonen abgestrichen, womit die Testung auch bei kooperierenden unter 3-Jährigen möglich wäre und allem voran: im Falle eines positiven Testergebnisses beträte das Kind die Kita erst gar nicht.
Eine solche Strategie ließe sich unmittelbar nach Erhalt der Tests beginnen und müsste den Kitakindern und Erziehungsberechtigten nicht noch weitere mindestens fünf Wochen Restriktionen und verkürzte Öffnungszeiten aufbürden, während in allen weiteren Lebensbereichen weitreichende Lockerungen in Kraft treten.
Es ist gleichermaßen inakzeptabel wie unsolidarisch, dass die Kleinsten und wehrlosesten Menschen dieser Gesellschaft erneut als letztes bedacht werden und sie parallel zu weitreichenden Lockerungen in der restlichen Gesamtbevölkerung weiterhin mangels Personal und unzureichender Priorisierung auf Vorschulprogramme, Fördermaßnahmen und pädagogische Projekte verzichten sollen. Gerade wo es die Kinder und deren Eltern waren, die über eine sehr lange Zeit zum Schutze anderer vor einer Überbelastung des Gesundheitssystems zurückgesteckt haben.
Unsere Stellungnahme in PDF-Form können Sie hier einsehen
Sehr geehrte Damen und Herren
Mein Name ist Isabel Neufang, 32 Jahre und alleinerziehende Mutter einer 4-jährigen Tochter.
Ich arbeite seit 8 Jahren als Medizin-Technische Radiologie-Assistentin auf dem Winterberg. Somit leiste ich täglich meinen Beitrag die „Pandemie“ zu bekämpfen.
Um diese Aufgabe als pflichtbewusste, finanziell unabhängige Arbeitnehmerin wahrnehmen zu können, muss die Betreuung meiner Tochter durch den städtischen Kindergarten Weltentdecker Neunkrichen gewährleistet werden.
Diese Gewährleistung ist durch den Beschluss der Öffnungszeitverkürzung des Regelbetriebs nicht mehr gegeben.
Pandemie bedingt, war das letzte Arbeitsjahr eine Ausnahmesituation, welche mich oft zwischen die Wahl meiner beruflichen Pflichten, dem kollegialem Beistand und meiner Elternpflicht gestellt hat.
In diesem „Ausnahmejahr“ habe ich 130 Minusstunden erwirtschaftet, welche ich in einem Zeitraum von 3 Monaten nacharbeiten musste.
Unmöglich ? NEIN!!! Konsequenzen? JA!!!
Ich musste die Verantwortung der Erziehung und Betreuung meiner Tochter an den Wochenenden anderen übertragen.
Ich wurde somit weder meinem Arbeitgeber gerecht, welcher glücklicherweise in vielen Dingen Rücksicht genommen hat, noch meiner Tochter, deren Erziehung ich nicht selbst übernehmen konnte und dadurch Entwicklungsphasen verpasst habe.
Meine Situation ist kein Einzelfall ! Die Schließzeitenänderung des Kindergartens hat berufliche und finanzielle Konsequenzen für berufstätige Eltern.
Aktuell ist die Pandemie nicht der Grund einer Kürzung der Regelzeiten, wie es den Eltern versucht wird, glaubhaft zu machen.
Konzerte, Fußballspiele, öffentliche Veranstaltungen finden wieder statt und das öffentliche Leben wird gelockert, weil die Zahlen stabil und gering sind.
Aber die Betreuungzeiten der Kinder werden gekürzt ????
Begründet wird dies mit dem Personalschlüssel der Kitas. Dies ist kein Problem, welches plötzlich aufgetreten ist und somit kein Grund berufstätige Eltern an ihrer Arbeitspflicht zu hindern.
Ein Klinikum kann seine Öffnungszeiten auch nicht aus Personalgründen ändern oder gar schließen.
Dieses Personalproblem haben viele soziale Berufe und MÜSSEN trotzdem funktionieren.
Es spielt keine Rolle, wer diesen Beschluss erlassen hat. Es ist wichtig, dass schnellstmöglich eine andere Lösung gefunden wird.
Eine Lösungsfindung ist jederzeit möglich!
Organisatorisch muss eine Kindertagesstätte in der Lage sein, die Betreuung zeitgerecht zu gewährleisten ohne die Regelzeiten zu kürzen.
Es gibt Kindergärten, die den Regelbetrieb gewährleiten können.
Wie sollen Eltern dieses Problem lösen, wenn sie weder Arbeitszeiten reduzieren, sich keine finanzielle Einbußen, noch zusätzliche Betreuungshilfen organisieren oder leisten können?
Es geht um Existenzen!
Ich werde weitere Möglichkeiten suchen, die Öffentlichkeit zu erreichen, bis sich etwas ändert
Diese Haltung irritiert mich beliebig.
Zuhause würden nur die ohnehin halbwegs vernünftigen Eltern testen. Aber da es noch genügend gibt, die ein Trauma fürchten, wenn das Kind ein Stäbchen in die Nase kriegt…
Und getrennte Gruppen führen auch nicht zu einem lebenslangen Trauma. Wenn Kinder überbesorgter Eltern mit der Situation Probleme haben, sollte man auch vielleicht eine alternative Kausalitätskette in Betracht ziehen.
So lange wir noch keine Impfung für die Kinder haben und ein zu großer Anteil der erwachsenen Bevölkerung sich einer Imofung verweigert, sind die Tests der einzige Schutz, den die Kinder in Zeiten von Lockerungen noch haben.
Erschließt sich mir nicht, was so dramatisch sein soll, wenn wir Kinder testen. Das tut doch keinem weh.
Sehr geehrter Herr Diehl,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Wir befürworten wir eine schnellstmögliche und flächendeckende Testung in den Kitas, da wir genau wie Sie der Meinung sind, dass Tests derzeit der einzige probate Schutz für unsere Kinder sind. Schnellstmöglich heißt in dem Fall für uns, dass wir nicht erst noch (nicht vorhandenes) Personal suchen, schulen und einstellen müssen, um die Testungen in den Kitas durchzuführen und flächendeckend, dass wir nicht per se die Altersgruppe 0-3 ausgliedern.
Wir verstehen Ihre Bedenken bzgl. einer Teststrategie, die von den Eltern umgesetzt werden soll. Unsere Empfehlung basiert auf den Erfahrungswerten anderer Bundesländer, in denen solche Strategien bereits seit Monaten sehr erfolgreich und mit sehr hoher Akzeptanz und Kooperation seitens der Erziehungsberechtigten umgesetzt werden, sowie auf den Rückmeldungen der saarländischen Elternvertretungen. Gerade im Umgang mit Lollitests ist die Resonanz bei den Eltern sehr hoch, da sie anders als nasale Abstriche sehr einfach im Handling sind.
Getrennte Gruppen führen nicht zu lebenslangen Traumata, da stimmen wir Ihnen zu. Sie führen derzeit jedoch einerseits zu einer massiven Einschränkung der frühkindlichen Pädagogik und zum anderen zu großflächigen verkürzten Öffnungszeiten und stellen damit Erziehungsberechtigte, Familien, allen voran Alleinerziehende vor unverhältnismäßige Probleme, die wir als Elternvertretung so nicht hinnehmen können.
Von daher möchten wir auf dem schnellsten, unbürokratischsten Wege Testungen in Kitas implementieren, damit unsere Kinder endlich uneingeschränkt und gut geschützt ihren Kitaalltag erleben dürfen.
Dass dies möglich ist, zeigen die Erfahrungen anderer Bundesländer.
Das öffentliche Leben immt wieder fahrt auf, Discos öffnen, Körpernahe Dienste und Sportarten sind wieder möglich. Saarland Plus Modell ist in aller Munde, und Kinder treffen sich in geschlossenen Räumen. Aber der Bildungsbereich der frühpädagogik verfällt in einen Lockdown? Kinder wieder trennen, Zeiten kürzen. Und den Beitrag nicht anpassen?
Die Inzidenz liegt bei 60, im Saarland sind viele Menschen geimpft und mit den PCR Tests für die Mitarbeiter, wird ständig kontrolliert. Die Schule verzichtet auf Masken im Unterricht, etc. Und die Kita verkürtzt die Betreuungszeiten! Ab einer Inzidenz von 100 sind Maßnahem von Seiten der Regierung vorgeschrieben. Es ist eine Dienstleistung die nicht wie vereinbahrt, duchgeführt wird. Mir fehlt diese Betreuungszeit!
Diese Vorgehensweiße und die Maßnahmen sind der aktuellen Situation nicht entsprechend.
Für mich ist es vollends unverständlich, dass ab dem heutigen Tag in vielen Bereichen wieder gelockert wird – nur nicht in den Kitas. Dass die Einführung einer Teststrategie dauert, kann ich verstehen. Wofür ich jedoch kein Verständnis habe, sind gekürzte Öffnungszeiten zu Lasten der Eltern die seit 1,5 Jahren den Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung leisten müssen.
Das in Kitas Personalmangel herrscht, ist nicht erst seit der Pandemie so – sondern ist ein grundlegendes Problem!! Für mich hat der Beschluss zum 01.11. auch noch sehr viele Fragezeichen. Wenn die Tests freiwillig sind – was passiert wenn Eltern sich dagegen entscheiden? Muss die Erzieherin dann weiterhin eine Maske tragen?
Und was ist mit den Krippekindern, die ja nicht getestet werden sollen? Entfällt dort dann nicht die Maskenpflicht?