Stellungnahme des LEA zur LPK am 29.09.2021

Die große Erwartung der Eltern des Ausgangs der gestrigen Ministerratssitzung mit anschließender Landespresskonferenz wurde enttäuscht. Nach guten Gesprächen vergangene Woche mit obersten Vertretern der Politik des Saarlandes waren wir zuversichtlich, dass sich die außerordentliche Belastung für Kitakinder und deren Eltern dem Ende zuneigen und auch wir Erziehungsberechtigten endlich wieder ein stückweit aufatmen können.

Eine zerplatzte Hoffnung wie wir seit gestern wissen.

„Saarländische Landesregierung ermöglicht weitreichende Lockerungen durch 3G-Regelung“ heißt es auf der Webseite des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.

Zu lesen ist: „Aufgrund des aktuell rückläufigen Infektionsgeschehens sowie der kontinuierlich sinkenden Belegungs- und Hospitalisierungsraten in saarländischen Krankenhäusern, passt die saarländische Landesregierung die notwendigen Corona-Maßnahmen an. So werden Lockerungen in zahlreichen Bereichen des öffentlichen Lebens möglich. Die Neuerungen treten am kommenden Freitag, 01. Oktober, in Kraft.“

Nicht gelten werden die Lockerungen ab 1. Oktober für unsere Kinder in den Kitas. Ganz im Gegenteil. Die Empfehlung der Gruppentrennung seitens Landesjugendamtes und Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familien wird beibehalten, die Träger werden vielfach – auch aufgrund des seit Jahren bekannten Personalmangels – am Model der wegfallenden Randzeitenbetreuung festhalten und die Erziehungsberechtigten – und an dieser Stelle seien dabei die insbesondere berufstätigen Eltern erwähnt – werden auch weiterhin mit bis zu zweieinhalb Stunden weniger Betreuung pro Tag auskommen müssen, natürlich bei voller Beitragszahlung.

Begründet wird diese Entscheidung mit dem fehlenden Testkonzept in Kitas, das nun aber – bis dahin ausreichend Personal und eine flächendeckende Testversorgung vorausgesetzt – voraussichtlich zum 1. November eingeführt werden soll. Für Erziehungsberechtigte ergeben sich daraus also mindestens weitere fünf Wochen, in denen ihre Kinder nicht so betreut werden, wie es in den Betreuungsverträgen festgehalten ist und in denen sie mit Freunden, Familien und Arbeitgebern verhandeln oder gar kündigen müssen, weil es nach 19 Monaten Pandemiegeschehen schlicht vielerorts nicht mehr möglich ist, unbezahlt freigestellt zu werden oder die Arbeit unerledigt zu lassen. Daneben ist es auch für viele Kinder nicht mehr hinnehmbar, auf Bildungsangebote verzichten zu müssen, die einen gruppenübergreifenden Kitabetrieb voraussetzen (Kooperationsjahr vor der Einschulung sei hier nur beispielhaft erwähnt).

Die Kita-Teststrategie sieht nach unserem derzeitigen Kenntnisstand vor, dass zusätzliches geschultes Personal eingestellt werden soll, das die Kinder zwischen 3 und 6 Jahren in den Kitas vor Ort mit sogenannten Antigen Lollitests abstreicht.

Eine Strategie, die wir seitens des LEA angesichts der Personalnot in den meisten Einrichtungen nicht nachvollziehen können, setzt sie doch den Einsatz von noch weiterem zusätzlichen Personal voraus, das zu finden selbst einige Kita-Träger kritisch sehen. Zudem ist sie mit einem sehr hohen organisatorischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden und setzt voraus, dass sich die Kinder von ihnen unbekannten Dritten abstreichen und im Falle eines positiven Testergebnisses von der Gruppe absondern lassen. Gerade bei letzterem Punkt haben wir sehr große Bedenken, dass die Kinder durch ein positives Testergebnis in der Kita stigmatisiert werden: in einer Zeit, in der Kitas (zum Bedauern vieler Eltern) nicht mal mehr Fotos aus ihrer Gruppenarbeit in allgemein zugänglichen Bereichen unter Hinweis auf den Datenschutz aushängen dürfen, sollen folglich betroffene Kleinkinder „vor aller Augen“ im Anschluss an die Testung „abgesondert“ werden? Bis man die Eltern erreicht und diese die Kinder dann abholen kommen? Ein in der Praxis schwerlich vorzustellendes Szenario!

Der LEA der Kitas im Saarland hatte im Vorfeld zu einer anderen Teststrategie geraten, bei der ähnlich dem Model von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die Kinder auf freiwilliger Basis zu Hause von den Eltern 2-mal pro Woche mittels zu Verfügung gestellter Testkits abgestrichen werden.
Der Vorteil liegt auf der Hand: es müssen lediglich Tests besorgt und ausgegeben werden, es bedarf keines zusätzlichen aus Steuergeldern finanzierten – nicht in ausreichender Anzahl vorhandenen – Personals, die Kinder werden im vertrauten Umfeld von Bezugspersonen abgestrichen, womit die Testung auch bei kooperierenden unter 3-Jährigen möglich wäre und allem voran: im Falle eines positiven Testergebnisses beträte das Kind die Kita erst gar nicht.

Eine solche Strategie ließe sich unmittelbar nach Erhalt der Tests beginnen und müsste den Kitakindern und Erziehungsberechtigten nicht noch weitere mindestens fünf Wochen Restriktionen und verkürzte Öffnungszeiten aufbürden, während in allen weiteren Lebensbereichen weitreichende Lockerungen in Kraft treten.

Es ist gleichermaßen inakzeptabel wie unsolidarisch, dass die Kleinsten und wehrlosesten Menschen dieser Gesellschaft erneut als letztes bedacht werden und sie parallel zu weitreichenden Lockerungen in der restlichen Gesamtbevölkerung weiterhin mangels Personal und unzureichender Priorisierung auf Vorschulprogramme, Fördermaßnahmen und pädagogische Projekte verzichten sollen. Gerade wo es die Kinder und deren Eltern waren, die über eine sehr lange Zeit zum Schutze anderer vor einer Überbelastung des Gesundheitssystems zurückgesteckt haben.


Unsere Stellungnahme in PDF-Form können Sie hier einsehen

Novellierung des SEBBG

Pressemitteilung:

Am Mittwoch hat der Ministerrat beschlossen, dass das bisherige Saarländische Kinderbetreuungs- und Bildungsgesetz vom neuen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsgesetz (SEBBG) abgelöst werden soll.

Brisant für den Landeselternausschuss der Kitas im Saarland ist diesbezüglich, dass der Gesetzesentwurf des Ministeriums für Bildung und Kultur (MBK) ohne jedwede Art der Anhörung der Elternschaft verfasst wurde. „Von dem Gesetzentwurf haben wir erst im Zuge der externen Anhörung erfahren,“ erklärt Nadine Teiner, stellvertretende Vorsitzende des Landeselternausschusses der Kitas im Saarland (LEA) und Delegierte für das Saarland in der Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi).  Die Mitwirkung der Elternvertretungen soll nach dem Gesetzesentwurf auf Verordnungsebene runtergebrochen werden, was der LEA als Destabilisierung und Gefahr für das Elternmitspracherecht empfindet. „Natürlich ergibt sich daraus eine gesteigerte Flexibilität, jedoch sind wir der Meinung, dass elementare Mitbestimmungspunkte und Zusammensetzungen der Elternvertretungen ins Gesetz gehören. Wir sehen weder Notwendigkeit noch Vorteil darin, Strukturen, die keinerlei ständigem Änderungsprozess unterliegen auf Verordnungsebene zu regeln und einer jederzeitigen Änderung durch das Ministerium, also nicht gewählte Vertreter der Exekutive auszusetzen“

Des Weiteren weist Frau Teiner darauf hin, dass der LEA bislang keinen Kenntnisstand darüber erlangt hat, wie eine mögliche neue Verordnung aussehen soll. Auch sonst wurde und wird weder seitens des Ministeriums für Bildung und Kultur noch seitens des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie das Gespräch diesbezüglich zum gesetzlich legitimierten Landeselternausschuss gesucht.

In der Summe ist dieses Signal ein Schlag für alle Eltern und Erziehungsberechtigten angesichts der Belastungen, die Familien und Kinder seit Beginn der Pandemie zu schultern hatten und immer noch haben.

„Wir haben in den letzten anderthalb Jahren die Erfahrung gemacht, dass die Elternvertretung vom Ministerium für Bildung und Kultur nicht wahrgenommen wird und eine Beteiligung auf Augenhöhe trotz Einordnung nicht stattfand“ führt die Delegierte Frau Teiner weiter aus, „Elternmitwirkung ist nicht nur eine Rechtsfrage, sie ist die zentrale Voraussetzung für die gute Entwicklung der Kinder in den Kitas- gerade in Zeiten wie diesen. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass in §13 (3) neben kommunalen Spitzenverbänden, den Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege Saar, der Landesjugendhilfeausschuss und sonstiger Zusammenschlüsse von Trägern der freien Jugendhilfe auch der Landeselternausschuss vor dem Erlass einer Rechtsverordnung anzuhören ist.“

So weiterhin Dr. Julie-Andrée Trésoret, Vorsitzende des LEA: „Wir standen und stehen jederzeit für einen Dialog zur Verfügung und haben dies auch in der Vergangenheit stets unter Beweis gestellt. Uns qua Gesetz bei, aber besser noch vor, dem Fällen wichtiger Entscheidungen für die Entwicklung und das Wohl unserer Kinder genauso zu beteiligen wie Träger von Einrichtungen müsste daher selbstverständlich sein.“